Das Online-Magazin RADAR der Christoph Merian Stiftung informiert über die Hinter- und Beweggründe des CMS-Engagements. Das Magazin #25 ist vorläufig die letzte Ausgabe. Ein neues Format ist in Planung.

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Förderung

Zwischen Freiheit und Risiko

Resilienz ist im Kulturbereich mehr als ein Schlagwort. Für viele selbstständige Kulturschaffende ist sie die Voraussetzung dafür, dass künstlerisches Arbeiten überhaupt möglich ist. Die CMS setzt hier einen Schwerpunkt: Sie stärkt mit ihrer Förderung gezielt die freie, selbstständige Kulturszene.

 

Selbstständige Kulturschaffende tragen mit ihrer Arbeit zur kulturellen Vielfalt bei und sind Ausdruck des freien künstlerischen Geistes. Im Kultursektor sind befristete Anstellungen, Mehrfachbeschäftigungen und Selbstständigkeit deutlich häufiger als in der Gesamtwirtschaft. Offizielle Statistiken erfassen meist nur die Einkommen unselbstständig Erwerbstätiger, während selbstständig Tätige kaum berücksichtigt werden – dies verzerrt die Realität erheblich. Letztere Erwerbsformen gehen oft mit tiefen Einkommen und schwacher sozialer Absicherung einher. Laut einer Ecoplan-Studie lagen die Jahreseinkommen von 59 % der Kulturschaffenden in den drei Jahren vor der Pandemie unter CHF 40'000; nur 7 % verdienten über CHF 80'000. Viele verfügen deshalb nur über geringe Altersrenten und sind in späteren Lebensjahren unter Umständen auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Auch die Absicherung bei Unfall oder Krankheit ist oft unzureichend.

Die soziale Prekarität selbstständiger Kulturschaffender ist ein altbekanntes Problem. Bereits 1907 ergriff der Schweizer Kunstverein die Initiative zur Errichtung einer Unterstützungs- und Pensionskasse für Künstler:innen. Heute tragen Selbstständigerwerbende in der Regel das volle wirtschaftliche Risiko selbst, was zu einer ungenügenden  Sozialabsicherung führen kann.

Artikel 4

Eine von der CMS unterstützte Studie* zur Soloselbstständigkeit in Basel zeigt, dass neue Arbeitsformen zwar Flexibilität bieten, aber auch Armutsrisiken bergen – insbesondere im Alter oder bei Arbeitslosigkeit, da Soloselbstständige nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlen können. Auch das Bundesamt für Kultur (BAK) erkennt Handlungsbedarf: In der Kulturbotschaft 2025–2028 nennt es Lücken bei Altersvorsorge und Unfallversicherung und prüft u.a. eine Vorsorgesammeleinrichtung für Kulturschaffende.

Kulturverbände pochen seit langem auf Verbesserungen im Sozialversicherungsrecht, stossen jedoch auf politischen Widerstand. Dies rückt die private Kulturförderung in den Mittelpunkt. SwissFoundations, der Verband der Schweizer Förderstiftungen, spricht sich für die Integration von Sozial- und Vorsorgebeiträgen in Projektbudgets und Stipendien der Förderung aus. Damit sollen auch Förderstiftungen zur Resilienz der Kulturschaffenden beitragen. Die CMS fokussiert ihre Kulturförderung traditionell auf die freie Szene und stärkt mit Projekten wie dem KulturHub (siehe S. 10) oder dem Tanzbüro Basel gezielt die sozialen und wirtschaftlichen Grundlagen selbstständiger Kulturschaffender. Ausserdem achtet die CMS bei der Gesuchsbeurteilung auf ein angemessenes Verhältnis der Vergütung der Kulturschaffenden im Vergleich zu den Gesamtprojektkosten.

 

Christian Stutz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Kultur, CMS


* Dittmann, Jürg (2023). Soloselbständigkeit in Basel. Herausforderungen und Perspektiven. 
FHNW Hochschule für Soziale Arbeit, irf.fhnw.ch/handle/11654/38706.