Projektbesuch
Von Hühnern, die Mut machen, und Pferden, die Vertrauen schenken
Auf dem Bäumlihof bei Riehen bietet der Verein compas eine tiergestützte Resilienzgruppe für Kinder und Jugendliche an. Doch was ist das überhaupt? RADAR war bei Co-Geschäftsleiterin Rebecca Götsch zu Besuch.
Es ist eine kleine Reise – die sich aber lohnt. Der Bauernhof Bäumlihof, in wunderschöner Lage mitten in der Natur zwischen Basel und Riehen, ist weit weg vom Trubel der Stadt und strahlt bei unserem Besuch eine wohltuende Ruhe aus. Hier, in dieser Oase, bietet der Verein compas seine natur- und tiergestützten Interventionen als Alternative oder Ergänzung zu herkömmlichen therapeutischen Settings für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in schwierigen Lebenssituationen an.
Rebecca Götsch, Psychologin und als Co-Geschäftsleiterin zuständig für die Angebote des Vereins, nimmt uns beim Lindenplatz freundlich in Empfang – und kommt sogleich ins Schwärmen: «Der Bäumlihof ist ein Ort, wohin die Klientinnen und Klienten gerne kommen und Energie tanken können», sagt sie, während sich ein paar Meter weiter zwei Kinder unter Anleitung einer Psychologin und einer Praktikantin gerade mit den Pferden vertraut machen. Es ist eine unaufgeregte, konzentrierte Stimmung an diesem Sommernachmittag Ende Juni.
Die tiergestützte Resilienzgruppe ist eines von mehreren Angeboten des Vereins compas und nach Auskunft von Götsch jeweils für um die zehn Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis zwölf Jahren gedacht, die mit einem belastenden Lebensereignis umgehen müssen. An insgesamt zwölf Terminen à zwei Stunden behandeln zwei Psychologinnen oder Psychotherapeutinnen verschiedene Themen wie Freundschaft, Selbstvertrauen oder Emotionsregulation und entwickeln zusammen mit den Kindern und Jugendlichen neue Handlungsstrategien, die sie im Alltag anwenden können.

Einzigartig für die ambulante Resilienzgruppe in der Region Basel ist gemäss Götsch, dass bei sämtlichen Übungen mit Tieren gearbeitet wird. Der Einbezug der Tiere vereinfache den Zugang zu den Kindern und Jugendlichen und ihren Herausforderungen, sagt sie: «Kinder und Jugendliche beschäftigen sich in der Regel gerne mit Tieren.» In der Resilienzgruppe wird vor allem mit Pferden, Kaninchen und Hühnern gearbeitet, aber auch mit Hunden. «Pferde sind sehr schlaue Tiere. Im Umgang mit ihnen können die Kinder und Jugendlichen das Selbstvertrauen stärken sowie das Vertrauen zu anderen aufbauen», sagt Götsch. «Und im Umgang mit Hühnern können sie zum Beispiel ihre Ängste überwinden oder ihre Frustrationstoleranz stärken. Manche Personen trauen sich zu Beginn der Übungen nicht, den Hühnern näher zu kommen. Mit der Zeit ändert sich das aber. Und sie gewinnen dadurch an Sicherheit.»
Seit 2021 bietet der Verein compas zwei Mal im Jahr eine Resilienzgruppe an. Die erste von 2025 wurde vor wenigen Tagen abgeschlossen. Das Gruppensetting hat gemäss Götsch einige Vorteile: «Es ermöglicht den Kindern und Jugendlichen, neue Freundschaften mit Gleichaltrigen zu schliessen und sich untereinander auszutauschen und zu unterstützen.» Ihr ist es wichtig zu erwähnen, dass die Resilienzgruppe eine Wirkung entfaltet und der Verein sehr viele positive Rückmeldungen der Teilnehmenden, aber auch der Eltern und Schulen erhält. In Kooperation mit dem Zentrum für Psychotherapie der Universität Basel wird das Angebot zudem wissenschaftlich begleitet. Eine entsprechende Studie ist aktuell in Arbeit.
Zum Abschluss des Besuchs zeigt Rebecca Götsch die Gehege der Tiere auf dem Bäumlihof. Während sie die Hühner füttert, reiten die zwei eingangs erwähnten Kinder, wiederum begleitet von der Psychologin und der Praktikantin, auf den Pferden vorbei. Sie wirken dabei noch etwas unsicher aufgrund der ungewohnten Perspektive – aber dennoch glücklich und zufrieden.
Valentin Kressler
Zur Organisation
Der gemeinnützige Verein compas wurde 2018 gegründet und an den landwirtschaftlichen Betrieb Bäumlihof angeschlossen. Seither ist der Verein stetig gewachsen, hat diverse Kooperationen etabliert und beschäftigt aktuell sieben Festangestellte, acht Therapeutinnen und zahlreiche freiwillige Helferinnen und Helfer. Insgesamt sind rund fünfzig Personen aktiv beim Verein tätig. Ein Teil der Mittel kann aus dem Betrieb erwirtschaftet werden. Die CMS unterstützt den Verein compas in den Jahren 2025 und 2026 mit insgesamt CHF 60'000.