Erkenntnisse und Empfehlungen
Aus den Beiträgen dieser Publikation und deren Diskussion haben die Mitwirkenden in zwei Workshops eine Reihe von Empfehlungen zum besseren Umgang mit Schulden entwickelt. Diese werden nachfolgend aufgeführt, geordnet nach Interventionsformen und mit Nennung der Adressat:innen, denen in der Umsetzung eine zentrale Rolle zukommt.
Prävention und Forschung
Angesichts der vielfältig negativen Konsequenzen von Schulden ist es wichtig zu verhindern, dass sie überhaupt entstehen. Weil beim Entstehen von Schulden nicht vorhersehbare Lebensereignisse eine wichtige Rolle spielen, ist die Wirksamkeit von Präventionsmassnahmen zwangsläufig begrenzt. Durch eine Stärkung von Finanzkompetenzen und einen Fokus auf die Verhinderung der erdrückendsten Schuldenarten können jedoch Überschuldungen vermieden werden. Es bedarf auch zusätzlicher Forschung zu Schulden, damit ein besserer Umgang damit etabliert werden kann.

Früherkennung
Damit sich gefährdete Personen nicht verschulden oder eine Verschuldung nicht in die Überschuldung führt, müssen Möglichkeiten zur Früherkennung von Schulden genutzt werden. Je früher jemand in finanziellen Notlagen unterstützt und im Umgang mit Verschuldung begleitet wird, desto wirksamer kann die Schuldenspirale unterbrochen werden.

Schuldenberatung
Schulden führen zu existenziellen Ängsten und Überforderung. Betroffene Personen bedürfen einfach zugänglicher und professioneller Beratung und Begleitung beim Klären ihrer Rechte und Pflichten, bei der Kommunikation mit Gläubigern und Behörden und zur Vermittlung von Auswegen und Perspektiven.

Inkasso und Betreibungsverfahren
Wenn fällige Forderungen nicht bezahlt werden, können Gläubiger den Aufwand zur Geltendmachung an private Inkassofirmen übertragen oder aber ein Betreibungsverfahren einleiten. Die Inkassobranche sieht sich von Organisationen des Konsumentenschutzes und in der Politik immer wieder mit Vorwürfen bezüglich unlauterer Praktiken konfrontiert. Das Betreibungsverfahren ist abschliessend durch das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs geregelt, wird aber auch immer wieder Gegenstand von Diskussionen.

Rechtsschutz
Ein starker Rechtsschutz bedeutet, dass geltende Bestimmungen ihre Schutzwirkung möglichst umfassend entfalten können. Die Einhaltung des Rechts soll nicht davon abhängig sein, dass ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um es nötigenfalls vor Gericht durchsetzen zu können. Zudem sind die Rechtsnormen so auszugestalten, dass sie für überschuldete Personen keine zusätzlichen Nachteile oder Verschlimmerungen ihrer Situation mit sich bringen.

Existenzminimum
Auch überschuldete Personen, mit oder ohne Lohnpfändung, haben einen Anspruch darauf, dass ihnen ein soziales Existenzminimum belassen wird, damit sie ihre Grundbedürfnisse menschenwürdig decken können. Sie sollen sich bei korrektem Verhalten nicht für die Deckung ihres sozialen Existenzminimums zusätzlich verschulden müssen. Diese Forderung kann aktuell nicht in allen Fällen erfüllt werden.

Perspektiven
Bei andauernder Überschuldung fehlt es betroffenen Personen vermehrt an Perspektiven für eine bessere Zukunft ohne Schulden. Der zunehmende Tunnel-
blick treibt die Schuldenspirale weiter und hat immer stärker auch gesundheitliche Konsequenzen. Auch die letztlich von der Gesellschaft zu tragenden Kosten nehmen damit stetig zu, bis sie in keinem Verhältnis mehr zu einer anfänglichen Schuldensumme stehen. Es sind daher Verfahren einzuführen und Massnahmen zu ergreifen, die auch überschuldeten Personen neue Perspektiven eröffnen und Motivation schaffen.
